CDU-Abgeordnete auf Orbán-Event: Kann sich die Partei noch vom rechten Rand abgrenzen?
Zwischen Annäherung und Abgrenzung – wie die CDU um ihr Profil ringt
Am Freitag fand ein Panel der ungarischen, rechtskonservativen Denkfabrik und Bildungseinrichtung Mathias-Corvinus-College (MCC) statt. Neben Gästen wie dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und der AfD-Parteichefin Alice Weidel war auch eine CDU-Bundestagsabgeordnete bei dem Event präsent. Was sagt das über den Zustand der CDU aus?
Im Netzwerk der Rechtskonservativen
Bei der Abgeordneten handelt es sich um Saskia Ludwig, die seit der letzten Wahl im Bundestag sitzt. Ihre Nähe zu rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien hatte sie bereits vor der Bundestagswahl gezeigt, als sie für eine Zusammenarbeit ihrer Partei mit der AfD warb.
Gleichzeitig profilierte sie sich als scharfe Kritikerin der von der SPD vorgeschlagenen Verfassungsrichterkandidatin Brosius-Gersdorf. Diese solle erst nach vollständiger Klärung der gegen sie erhobenen Plagiatsvorwürfe zur Wahl stehen dürfen. Ironisch: Kurz darauf wurde auch Ludwig selbst Plagiatsverdacht bei ihrer Doktorarbeit vorgeworfen.
Das MCC gilt als Teil des politischen Netzwerks von Orbán und transportiert Ideologien von rechtskonservativen US-Publizist*innen. Die Teilnahme Ludwigs an dem Panel wurde öffentlich durch die Journalistin Annika Brockschmidt gemacht, die Fotos von Ludwig im Gespräch mit Alice Weidel auf der Social-Media-Plattform Bluesky veröffentlichte.
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Stimmen aus der Partei – und was sie (nicht) bedeuten
Auf der Veranstaltung äußerte sich Ludwig kritisch zur innerparteilichen Debatte über das Verhältnis zur AfD. Besonders in Westdeutschland stelle das Durchbrechen der Brandmauer zwischen CDU und AfD einen Tabubruch dar. Innerhalb der CDU müsse diese Diskussion jedoch überhaupt erst möglich werden.
Gegenüber dem Tagesspiegel verwies Ludwig auf ihre Äußerungen beim rechtspopulistischen Onlinemedium Nius.de. Sie betonte die Bedeutung offener Debatten für die Demokratie und den freien Austausch auch mit politischen Gegnern. Für sie sei es selbstverständlich, mit unterschiedlichen Gästen ins Gespräch zu kommen – und nennt das einen Grundpfeiler pluralistischer Gesellschaft.
Die Bundestagsfraktion der CDU distanzierte sich nach Ludwigs Auftritt deutlich und erinnerte an den Unvereinbarkeitsbeschluss von 2018, der jegliche Zusammenarbeit mit der AfD und der Linken ausschließt – eine Position, die im Landesverband Brandenburg, dem Ludwig angehört, deutlich weicher ausgelegt wird. Dort fehlt, anders als auf Bundesebene, bislang ein klarer Parteitagsbeschluss gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD.
Man kann fragen: Verdeutlicht der Fall Ludwig grundlegende Dynamiken in der CDU bei der Frage, wie nun mit der AfD umgegangen werden soll? Findet sie eigene Antworten und Visionen oder lehnt sie sich zu sehr am politischen Gegner an?
Die Analyse: Eigene Inhalte im Schatten der AfD
Die CDU reagiert bundesweit auf die Erfolge der AfD oft nur, indem sie migrationspolitische Forderungen und rechtspopulistische Narrative übernimmt. Obwohl dies parteiintern immer wieder Debatten befeuert, bleibt die große Erneuerungsidee aus. Eigene Visionen werde wenig kommuniziert, sie verlieren sich in populistischen Forderungen, die Partei verliert ihr Profil.
Machtgerangel und Netzwerke
Der Fall Ludwig zeigt erneut, wie eng das politische Netzwerk rechtskonservativer Akteure inzwischen geknüpft ist. Auch innerhalb der CDU wird die Linie unschärfer: Während die Bundespartei offiziell klare Distanz verlangt, gibt es in ostdeutschen Landesverbänden Absetzungsbewegungen und immer lautere Stimmen, die offen mit einer Lockerung der Abgrenzung kokettieren.
Was bleibt
Angesichts des Zulaufs für rechtsextreme Parteien in Europa und Deutschland braucht es gerade von der CDU als Volkspartei eine klare Haltung. Wird sie sich zum Kopieren und Kleinmachen verdammen lassen – oder gelingt ihr der Befreiungsschlag durch eigene Zukunftsideen und ein echtes Narrativ? Die Debatte um Kooperationsverbote und Brandmauer bleibt ein Lackmustest, der nicht nur die CDU, sondern die gesamte demokratische Gesellschaft betrifft.